Beim bevorstehenden Spitzentreffen in Vilnius soll ein mehrjähriges Programm vereinbart werden, das eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften der Ukraine und des Bündnisses ermöglicht. Ein Überblick.
Für den kommenden Gipfel in Litauen bereitet die NATO ein umfassendes Unterstützungspaket für die Ukraine vor. Nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg wird bei dem Spitzentreffen in Vilnius ein mehrjähriges Programm vereinbart werden, um künftig eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften der Ukraine und des Bündnisses zu ermöglichen. Zudem soll das bereits 2008 gegebene Versprechen erneuert werden, dass die Ukraine Mitglied der NATO werden kann.
Bis dahin ist geplant, die politischen Beziehungen über die Schaffung eines neuen NATO-Ukraine-Rates zu vertiefen. “Seit 500 Tagen bringt Moskau Tod und Zerstörung ins Herz Europas, um die Ukraine zu zerstören und die NATO zu spalten”, erklärte Stoltenberg vor Journalisten in Brüssel. Von dem Treffen am kommenden Dienstag und Mittwoch werde allerdings das klare Signal ausgehen, dass das Verteidigungsbündnis geeint sei und sich Russlands Aggression nicht auszahlen werde.
Um die Abschreckung und die Verteidigung der NATO zu stärken, sind nach Angaben von Stoltenberg neue regionale Verteidigungspläne vorgesehen. Um diese umsetzen zu können, sollen künftig bündnisweit rund 300.000 Soldatinnen und Soldaten in hoher Einsatzbereitschaft gehalten werden.
Streumunition könnte in Ukraine zum Einsatz kommen
Trotz Bedenken der westlichen Verbündeten: Die USA liefern der Ukraine umstrittene Streumunition zur Verteidigung im russischen Angriffskrieg. Die von vielen Ländern geächtete Munition ist Teil eines neuen Rüstungspakets für die Ukraine, wie das US-Verteidigungsministerium in Washington mitteilte. Der Nationale Sicherheitsberater von Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, sprach von einer “schwierigen”, aber notwendigen Entscheidung.
Der Einsatz ist umstritten, weil dadurch eine Vielzahl von Blindgängern im Kampfgebiet zurückbleibt. Deutschland und viele andere Staaten haben einen Vertrag zur Ächtung von Streumunition unterzeichnet. Die USA haben das Abkommen nicht unterschrieben.
EU will Munitionsproduktion ankurbeln
Langfristig können die ukrainischen Streitkräfte auf deutlich mehr Munitions- und Raketenlieferungen aus der Europäischen Union hoffen. Vertreter der Mitgliedstaaten und des Europaparlaments einigten sich auf einen Plan, mit dem die europäische Rüstungsindustrie dank finanzieller Anreize zu einem schnellen Ausbau der Produktionskapazitäten bewogen werden soll. Das im Mai von der EU-Kommission vorgeschlagene Papier sieht Ausgaben in Höhe von 500 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt vor.
Die Vereinbarung sei ein weiterer Beleg für das unermüdliche Engagement der EU, die Ukraine zu unterstützen, kommentierte die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles für den derzeitigen EU-Ratsvorsitz. Zudem demonstriere sie auch den Einsatz für die Stärkung der verteidigungstechnologischen und industriellen Basis der EU und gewährleiste die langfristige Sicherheit und Verteidigung der EU-Bürger.
Hintergrund des Vorhabens sind Schwierigkeiten der EU-Staaten, der Ukraine ausreichend Boden-Boden- und Artilleriemunition sowie Raketen für den Abwehrkrieg gegen Russland zu liefern. Ein Ausbau der Produktion soll nun weitere Engpässe der ukrainischen Streitkräfte verhindern und auch dafür sorgen, dass die EU-Staaten selbst verteidigungsfähig bleiben und ausreichend Vorräte vorhalten können. Die Einigung muss noch formell vom Rat der Mitgliedstaaten und vom Parlament bestätigt werden. Nach der offiziellen Annahme der Verordnung könnte sie nach EU-Angaben bis Ende Juli in Kraft treten.
Selenskyj: Gegenoffensive geht “nicht schnell” voran
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eingeräumt, dass die Gegenoffensive seiner Armee “nicht schnell” vorangeht – jedoch versichert, dass ukrainische Truppen weiter vorrückten. “Die Offensive ist nicht schnell, das steht fest”, sagte Selenskyj in Prag nach einem Treffen mit dem tschechischen Staatschef Petr Pavel. “Aber trotzdem rücken wir vor und ziehen uns nicht zurück, wie es die Russen tun”, ergänzte er.
Mit Blick auf den anstehenden NATO-Gipfel in Litauen bekräftigte Selenskyj, sein Land wolle bei dem Treffen eine “Einladung” zum Beitritt erhalten. “Wir brauchen Ehrlichkeit in unseren Beziehungen zur NATO”. Es sei an der Zeit, “den Mut und die Stärke dieses Bündnisses” zu demonstrieren.
Tschechiens Präsident Pavel sprach sich dafür aus, dass die Allianz unmittelbar nach Kriegsende Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine aufnehmen sollte. “Das ist im Interesse auch unserer Sicherheit, es ist im Interesse der regionalen Stabilität und der wirtschaftlichen Prosperität”, betonte der frühere NATO-General. Tschechien trete zudem dafür ein, dass Beitrittsverhandlungen der Ukraine mit der EU noch in diesem Jahr beginnen sollten.
MAD warnt vor zunehmender Spionage aus Russland
Deutschlands Militärischer Abschirmdienst (MAD) warnt vor verstärkter Spionage aus Russland gegen die Bundeswehr. “Seit Beginn des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022 hat sich Deutschland durch Lieferungen von Waffen, Munition und Ausrüstung sowie die Ausbildung von Angehörigen der ukrainischen Streitkräfte in Deutschland positioniert und wird durch die russischen Dienste noch intensiver aufgeklärt”, schreibt der Militärgeheimdienst in seinem Jahresbericht, der dem Bundestag übermittelt wurde und der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Für seine Aufgaben hat der MAD zusätzliches Personal bekommen. Seit Januar 2023 verfügt der MAD laut Bericht über 1917 Dienstposten (2022: 1824 Dienstposten; 2021: 1632 Dienstposten). Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sei “die Stärkung der Spionageabwehr und Bekämpfung von Spionage und möglicher Sabotage dringlicher als je zuvor”, so der Militärischer Abschirmdienst in seinem Jahresbericht. Der MAD ist der kleinste der deutschen Nachrichtendienste. Er ist mit dem Schutz der Streitkräfte vor Spionage, der Abwehr von Extremisten sowie Sicherheitsüberprüfungen von Soldaten und Zivilbeschäftigten beauftragt.
Quelle: Deutsche Welle