„Wir sind keine Fünf-Sterne-Bude“


Erik Friemuth ist der neue Deutschland-Chef der Hotelkette Premier Inn. Im Interview spricht er über den Effekt der Fußball-EM – und darüber, mit welchem besonderen Produkt er Konkurrenten wie Motel One und Ibis die Marktführerschaft streitig machen will.

Erik Friemuth empfängt im Premier Inn an der Frankfurter Messe. Später wird der Deutschland-Chef der Hotelkette durch die Zimmer führen und die Vorteile seiner Zimmer und Betten im Vergleich zur Konkurrenz beschreiben. Das Zimmer gibt es bei Premier Inn ab 59 Euro pro Nacht – der Preis ist eine Kampfansage an Ibis, Holiday Inn Express und Motel One. Eigentümer von Premier Inn ist der britische Gastrokonzern Whitbread – die Briten haben Friemuth einen aggressiven Expansionskurs verordnet.

WirtschaftsWoche: Herr Friemuth, Deutschlands Hotelmarkt ist umkämpft. Wie wollen Sie sich von Konkurrenten wie Ibis, Holiday Inn Express, B&B Hotels und Motel One abheben?
Erik Friemuth: Unsere Marktbegleiter konzentrieren sich oft auf Dinge um das Schlaferlebnis herum. Wir liefern das beste Schlaferlebnis. In der Mehrzahl der Fälle sind unsere Zimmer größer als die der Wettbewerber. Unser Bett ist richtig gut, unsere Gäste können aus einem Kopfkissen-Menü auswählen. Die Zimmer und die Flure sind leise. Wir sind die Schlaf-Experten. Das heißt nicht, dass wir kein gutes Frühstück haben. Wir haben auch eine tolle Bar mit einer guten Happy Hour, die wir zur EM eingeführt haben. Aber wir haben keinen Fitnessraum oder Pool. Die Gäste kommen zu uns, um zu schlafen. Wir sind keine 5-Sterne-Bude.

Zur Person

Erik Friemuth

Erik Friemuth ist seit Anfang des Jahres CEO von Premier Inn Deutschland. Damit ist der gebürtige Hamburger und studierte Wirtschaftswissenschaftler verantwortlich für den gesamten deutschen Markt und das strategische Wachstum in der Region. Vor seinem Amtsantritt hat Friemuth lange bei der TUI gearbeitet, wo er auch schon für die Hotels zuständig war.

Ihre Vorgänger haben angekündigt, dass Premier Inn mittelfristig bis zu 400 Hotels aufmachen will. Wo stehen Sie denn gerade?
Wir haben jetzt 59 Hotels, werden in diesem Jahr noch drei weitere eröffnen. Der jetzige Marktführer ist Ibis mit 23.000 Zimmern. Wir haben jetzt 10.000 Zimmer, weitere 7000 schaffen wir gerade. Wir unterschreiben die ganze Zeit neue Objekte. Ab 2026 erweitert sich das Portfolio signifikant. In Deutschland besitzen wir 25 Prozent der Hotels selbst, 75 Prozent pachten wir.

Ihr Vorgänger wollte im März dieses Jahres mindestens 100 geöffnete oder zumindest vertraglich gesicherte Hotels vorweisen können.
Da sind wir doch gar nicht weit von entfernt. Wir haben jetzt 59 Hotels – und 37 weitere Häuser, die wir entweder gerade bauen oder einen Pachtvertrag für 25 Jahre unterschrieben haben. Zugegeben: Die Launch-Phase seit 2016 hat ein bisschen länger gedauert. Die Pandemie hat einen ordentlichen Bremsblock reingehauen. Der Immobilienmarkt in Deutschland ist schwierig, hinzu kommen bürokratische Hürden wie das Lieferkettengesetz. Dabei wollen wir doch eigentlich nur ein paar Hotels aufmachen.

Was ist Ihr Ziel?
Wir wollen so bald wie möglich die Nummer eins sein. Ich glaube, wir sind auf einem ganz guten Weg.

Luxushotels boomen. Zugleich verschwinden immer mehr familiengeführte Häuser vom Markt. Eine Hotelbetreiberin erzählt, warum gerade das teuerste Segment das härteste ist.

Wie laufen die Geschäfte? Laut Geschäftsbericht betrug der Umsatz von Premier Inn in Deutschland im Geschäftsjahr 2023/2024 190 Millionen Pfund, umgerechnet 226 Millionen Euro. Am Ende stand ein Verlust von 43 Millionen Pfund.
In diesem Jahr wollen wir in der zweiten Jahreshälfte profitabel werden. Die Geschäfte laufen also gut.

Welchen Anteil hat daran die Fußball-Europameisterschaft?
Am Anfang lief das Geschäft ein bisschen zurückhaltend. Mit dem Anpfiff hat die Nachfrage angezogen, wir hatten volle Häuser. Viele Engländer und Schotten waren bei uns, weil sie die Marke aus ihrer Heimat kannten. Die EM war ein großer Erfolg für unsere Hotels.

Können Sie Zahlen nennen?
Leider nicht.

Lesen Sie auch: „Wir wollen in Deutschland mindestens 15 Häuser mit rund 2500 Zimmern eröffnen“

Und was wird davon nach der EM bleiben?
Uns ist es gelungen, dass wir viele Gäste durch die EM zum ersten Mal bei uns begrüßen durften. Sie haben unsere Häuser hoffentlich mit einem guten Eindruck verlassen. Ich glaube schon, dass uns das mittelfristig hilft.

Beschreiben Sie doch mal Ihre Kunden.
Wir sind eine ganz normale Hotelkette und wollen keine Kunden ausgrenzen. 50 Prozent sind Freizeitkunden, 50 Prozent Geschäftskunden. Der Geschäftskunde ist in einem engeren Raster, hat Termine, will einen reibungslosen Check-in, will dann aufs Zimmer, einen erholsamen Schlaf, ein gutes Frühstück – und dann ist er schnell wieder weg. Kinderlose Freizeitgäste sind in der Regel etwas entspannter, lassen sich mehr Zeit, haben auch mehr Kontakt zu unserem Personal. Kinder bis einschließlich des 15. Lebensjahres schlafen und essen bei uns umsonst. In der Regel bringen wir eine Familie mit zwei Kindern gut in einem Zimmer unter.

Sie sind auch in Städten wie Lindau und Lübeck aktiv. Täuscht der Eindruck, dass Sie auch in B- und C-Städte gehen?
Das ist in der Tat ein Unterschied zu den Wettbewerbern. Jeder will in den Top-7-Städten präsent sein, wir auch. Wir wachsen dort auch schneller. Aber B- und C-Städte haben wir auch im Portfolio. Wir gehen nicht nur auf Hotelgrößen mit 300 Zimmern, sondern auch auf kleinere Häuser.

Sie konkurrieren vor allem mit Motel One. Was sind die Unterschiede?
Der ganze Markt kann stolz sein auf Motel One, weil das eine eigentümergeführte deutsche Hotelkette ist, die Erfolg hat. Motel One setzt mehr auf das Erlebnis an der Bar – wir kommen mehr aus dem Thema Schlaf.

Ist in Deutschland überhaupt Platz für weitere Hotels?
Die Freizeit-Industrie wächst immer drei bis fünf Prozentpunkte schneller als die Gesamtindustrie. Es gibt einen höheren Anteil in der Bevölkerung, der nicht mehr arbeitet, aber Geld hat. Und dadurch, dass die Babyboomer in Rente gehen, ist Zeit da. Zeit kombiniert mit Geld ist ein Wachstumsmotor für unsere Industrie. Deutschland ist ein sehr attraktiver Markt: Wir haben einen hohen Anteil an Events. Viele kleine Hotels geben auf – Markenketten können übernehmen und Skaleneffekte erzielen.

Konkurrenten wie Holiday Inn und Niu sowie Lindner und Hyatt haben sich verbündet.
Wir sind stark genug, aus uns selbst zu wachsen. Das kommt gar nicht für uns in Frage.

Wird Premier Inn weitere Marken in Deutschland auf den Markt bringen?
Es gibt ein sehr erfolgreiches Konzept in England mit dem Namen „Hub“. Das sind Häuser in sehr zentralen Großstadtlagen mit kleineren Zimmern, die ein sehr digitalisiertes Gästeerlebnis bieten. Per App kann man sein Zimmer finden, buchen und selbst einchecken. Die Häuser haben mehr Zimmer – dafür aber keine Bar. Schnell rein, schnell raus. Es könnte sein, dass wir so etwas auch in Städten wie Berlin, Hamburg und München machen.

Source: WiWo

Total
0
Shares
Related Posts