Die geplante Streumunitionslieferung der USA an die Ukraine sorgt für Kritik. US-Präsident Joe Biden spricht von einer Übergangslösung. Die Türkei bietet sich wieder als Vermittlerin an. Der Überblick.
US-Präsident Joe Biden hat die Lieferung von Streumunition an die Ukraine verteidigt und als eine Übergangslösung bezeichnet. “Dies ist ein Krieg, der mit Munition zu tun hat. Und die Munition geht ihnen aus, und wir haben nur noch ein wenig davon”, sagte Biden dem Sender CNN. Deshalb habe er schließlich die Empfehlung des Verteidigungsministeriums angenommen, Streumunition “nicht dauerhaft, sondern für eine Übergangszeit” zu liefern, bis die USA wieder in der Lage seien, mehr von der benötigten Artillerie zu produzieren.
Biden sagte weiter, dass ihm die Entscheidung sehr schwergefallen sei. Er habe darüber mit Verbündeten und Mitgliedern des US-Kongresses gesprochen. Die USA seien zwar keine Unterzeichner des Vertrags zur Ächtung von Streumunition, dennoch habe es eine Weile gedauert, bis er überzeugt gewesen sei, diesen Schritt zu gehen. Er halte ihn für notwendig, weil die Ukraine die Munition für ihre Gegenoffensive gegen Russland benötige.
Die US-Regierung hatte kurz bevor bekannt gegeben, der Ukraine umstrittene Streumunition zu liefern. Sie ist Teil eines neuen Militärhilfe-Pakets in Höhe von 800 Millionen US-Dollar (rund 729 Millionen Euro). Die Ukraine hatte bereits seit längerem die Lieferung von Streumunition gefordert. Unter Streumunition versteht man Raketen und Bomben, die über einem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper freigeben. Der Einsatz ist umstritten, weil dadurch eine Vielzahl von Blindgängern im Kampfgebiet zurückbleibt.
Kritik an der Washingtoner Entscheidung kommt von UN-Generalsekretär António Guterres. Er wolle nicht, “dass weiterhin Streumunition auf dem Schlachtfeld eingesetzt wird”, ließ Guterres über einen seiner Sprecher in New York mitteilen.
Auch Russlands Botschafter in den Vereinigten Staaten, Anatoli Antonow, kritisiert die geplante US-Lieferung. “Es ist schon bemerkenswert, mit welcher Grausamkeit und welchem Zynismus Washington an die Frage der Lieferung von tödlichen Waffen an Kiew herangegangen ist”, zitiert die russische Nachrichtenagentur TASS den Botschafter. Auch ohne die Streumunition seien die USA tief verstrickt in den Konflikt und brächten “die Menschheit näher an einem neuen Weltkrieg”, so Antonow.
Selenskyj besucht symbolträchtige Schlangeninsel
Mehr als ein Jahr nach der Wiedereroberung der Schlangeninsel durch ukrainische Truppen hat Präsident Wolodymyr Selenskyj die kleine, strategisch wichtige Insel im Schwarzen Meer besucht. Die Insel werde, “wie die gesamte Ukraine niemals von den Besatzern erobert”, sagte Selenskyj in einem auf Twitter veröffentlichten undatierten Video. “Ich möchte von hier aus, von diesem Ort des Siegs, jedem unserer Soldaten für diese 500 Tage danken”, sagte Selenskyj mit Blick auf die Dauer des russischen Angriffskrieges.
Russische Truppen hatten die Insel kurz nach Kriegsbeginn unter ihre Kontrolle gebracht. Die Schlangeninsel liegt etwa 48 Kilometer vor der ukrainischen Küste und in der Nähe der Seewege, die zum Bosporus und zum Mittelmeer führen. Darüber hinaus hat die Insel für die Ukraine und Russland symbolische Bedeutung.
Bekannt wurde die kleine Insel unter anderem wegen des Widerstands der dort stationierten ukrainischen Streitkräfte. Die Besatzung des später gesunkenen russischen Kriegsschiffes “Moskwa” hatte die auf der Insel stationierten ukrainischen Grenzschützer am ersten Tag der Invasion aufgefordert, sich zu ergeben. “F…k dich, russisches Kriegsschiff!”, antwortete darauf ein Grenzschützer in einem Funkspruch, der weltweit für Beachtung sorgte.
UN: Mehr als 9000 Zivilisten seit Kriegsbeginn getötet
Mehr als 9000 Zivilisten sind nach UN-Angaben seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine getötet worden. Darunter seien 500 Kinder, erklärte die UN-Mission zur Überwachung der Menschenrechte in der Ukraine (HRMMU) anlässlich des 500. Tags seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Nach Einschätzungen von UN-Vertretern liegt die tatsächliche Zahl der zivilen Todesopfer allerdings deutlich höher.
Der Krieg verlange der ukrainischen Bevölkerung weiterhin einen “schrecklichen Tribut” ab, erklärte HRMMU-Vizechef Noel Calhoun. Durchschnittlich sei im Jahr 2023 die Zahl der Todesopfer zwar niedriger als im Vorjahr gewesen. Im Mai und Juni sei die Zahl der Toten aber wieder angestiegen.
Mehrheit der Deutschen will Ukraine als NATO-Mitglied
Die Mehrheit der Deutschen ist dafür, dass die Ukraine früher oder später in die NATO aufgenommen wird. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sprechen sich 42 Prozent dafür aus, dass dies erst nach dem Ende des russischen Angriffskriegs gegen das Land geschehen sollte. 13 Prozent sind für einen sofortigen Beitritt während des laufenden Krieges. 29 sind grundsätzlich gegen eine Aufnahme der Ukraine in das Bündnis, dessen Kern der gegenseitige militärische Beistand im Fall eines Angriffs von außen ist.
Pentagon: Ukrainische Gegenoffensive “am Anfang der Mitte”
Die ukrainische Gegenoffensive kommt nach US-Einschätzung langsamer voran als erwartet. Es sei allerdings noch zu früh, um zu beurteilen, wie sich die Gegenoffensive entwickelt, “denn wir stehen erst am Anfang der Mitte”, sagte Colin Kahl, Unterstaatssekretär im US-Verteidigungsministerium, bei einer Pressekonferenz im Pentagon. “Sie klopfen immer noch die russischen Linien auf Schwachstellen ab.”
Die Ukraine müsse bei der Gegenoffensive sehr kämpfen, weil die Russen sechs Monate Zeit gehabt hätten, sich einzugraben. “Die Verteidigungsgürtel, die die Russen im Osten und im Süden errichtet haben, sind schwer zu durchbrechen – für jede Armee”, so Kahl.
Nach Angaben aus Kiew hat die Ukraine seit Beginn ihrer Gegenoffensive Anfang Juni einige Dörfer in der Südukraine zurückerobert. Es mangele der ukrainischen Armee aber an Feuerkraft und Luftabwehr, um schneller voranzukommen.
Erdogan will bei Schwarzmeer-Getreideabkommen vermitteln
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan setzt auf eine erneute Verlängerung des Abkommens zum Export von ukrainischem Getreide, das in knapp zehn Tagen ausläuft. Er hoffe, dass die Vereinbarung um zwei oder drei Monate verlängert werde, Ziel sei aber eine Dauer von zwei Jahren, sagte Erdogan am Freitagabend nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Istanbul. Die Bemühungen darum gingen weiter.
Erdogan sagte zudem, er wolle den russischen Präsidenten Wladimir Putin im kommenden Monat in der Türkei treffen. Der Kreml hatte zuvor mitgeteilt, dass ein Treffen geplant sei, ein Termin aber noch nicht feststehe. Das Getreideabkommen läuft am 17. Juli aus. Russland droht damit, die unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei im Sommer vorigen Jahres geschlossene Vereinbarung nicht zu verlängern. Das Abkommen sorgt dafür, dass die russische Marine den Export von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer nicht erneut mit einer Seeblockade verhindert. Dies hätte weitreichende Folgen für die Welternährung.
Quelle: Deutsche Welle