Es bestehe die Möglichkeit, eine Einigung über die EU-Pläne zur Gentechnik noch vor den Europawahlen im kommenden Juni zu erzielen, sagte die Berichterstatterin Jessica Polfjärd. Sie betonte, dass dies notwendig sei, um die Landwirte angesichts der wachsenden Umweltprobleme zu unterstützen.
Bei der Genom-Editierung handelt es sich um verschiedene wissenschaftliche Methoden zur gentechnischen Veränderung bestimmter Eigenschaften von Pflanzen, wie beispielsweise die Resistenz gegen Trockenheit.
Da die EU-Kommission ihren Vorschlag zu dem künftigen Umgang mit diesen Techniken schon vorgelegt hat, liegt es jetzt an den Mitgliedsstaaten und dem EU-Parlament, sich auf ihre Positionen zu dem Thema zu einigen.
Im Parlament fällt diese Aufgabe der konservativen Abgeordneten Jessica Polfjärd zu. Sie beabsichtigt, noch während der Plenarsitzung im Januar eine Einigung über den Standpunkt des Parlaments zu diesem Thema zu erzielen.
„Es besteht die Möglichkeit, schnell zu handeln […], um vor den Wahlen zu einem Ergebnis zu kommen“, erklärte sie in einem Interview gegenüber Euractiv und wies darauf hin, dass es andernfalls „möglicherweise Jahre dauern könnte, bis wir eine Einigung erzielen.“
Das Dossier kommt zu einem politisch heiklen Zeitpunkt, da mehrere wichtige Dossiers zur nachhaltigen Landwirtschaft angesichts der bevorstehenden EU-Wahlen und des gezielten Widerstandes des rechten Lagers im Parlament auf der Kippe stehen. Jedes Dossier, das nicht vor den Wahlen im Juni auf dem Tisch liegt, hat eine ungewisse Zukunft in der nächsten Kommission und im Parlament.
Der von Polfjärd vorgeschlagene Zeitplan wird jedoch von den Sozialdemokraten, den Grünen und den Linken im Parlament kritisiert, die davor warnen, dass er „viel zu schnell“ und zu knapp bemessen sei, wenn es um praktische Angelegenheiten wie die Übersetzung des Textes und Schattensitzungen geht.
Der Landwirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments wird voraussichtlich am 11. Dezember über seine Stellungnahme abstimmen. In der Zwischenzeit haben die Verhandlungen über Kompromissänderungsanträge im Umweltausschuss des Parlaments begonnen. Eine Abstimmung ist für den 11. Januar vorgesehen, gefolgt von einer weiteren Abstimmung im Plenum am 15. Januar.
Polfjärd räumte zwar ein, dass dieser Zeitplan „ehrgeizig“ sei, behauptet aber, dass er sowohl machbar als auch notwendig sei, da der Sektor vor wachsenden ökologischen Herausforderungen stehe.
„Es ist wichtiger denn je, dass wir neue Techniken und resistentere Pflanzen entwickeln“, sagte sie und verwies auf die Erderwärmung und die zunehmende Unberechenbarkeit des Klimas in Europa sowie auf die Unsicherheiten, die durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine entstanden sind.
Sie betonte, dass der von ihr vorgeschlagene Zeitplan, der die ursprüngliche Frist um „nur drei Wochen“ verkürze, von den Vertretern der einzelnen Fraktionen mehrheitlich unterstützt werde, während andere Abgeordnete noch mehr Druck ausüben würden.
„Die spanische EU-Ratspräsidentschaft ist noch ehrgeiziger als wir“, sagte sie und wies darauf hin, dass sie ihren Standpunkt gerne noch vor Weihnachten festlegen würde. Laut Quellen, die mit der Angelegenheit vertraut sind, strebt der Ratsvorsitz bei der nächsten Sitzung der EU-Minister, die für den 10. und 11. Dezember angesetzt ist, eine allgemeine Position an.
NGT-Pflanzen in ökologischer Landwirtschaft
Zu den umstrittensten Änderungsvorschlägen in Poljfärds Berichtsentwurf gehört die Verwendung von NGT-Pflanzen der Kategorie 1 im ökologischen Landbau.
Nach dem Kommissionsvorschlag sollen NGT-Pflanzen, die von konventionell gezüchteten Pflanzen nicht zu unterscheiden sind (Kategorie 1), wie natürlich gezüchtete Pflanzen behandelt werden, während Pflanzen mit „komplexeren Veränderungen“ (Kategorie 2) strengeren Anforderungen unterliegen sollen.
Der Vorschlag hat den Zorn der Biobauern und des EU-Bioverbands IFOAM auf sich gezogen, die wiederholt betont haben, dass eine Koexistenz der beiden Systeme unmöglich sei.
„Es wäre schockierend, wenn die Parlamentarier beschließen würden, das Verbot von NGTs im ökologischen Landbau zu streichen und die Verwendung von NGTs allen Landwirten in Europa aufzuerlegen, egal ob sie ökologisch wirtschaften oder nicht“, so Jan Plagge, Präsident von IFOAM Organics, in einer Erklärung vom 6. Dezember.
Trotzdem behauptet Poljfärds, dass die Biobauern in dieser Frage „gespalten“ sind. „Ich weiß, dass dies ein heikles Thema ist, auch unter den Biobauern selbst, da sie gespalten sind“, sagte sie.
Aus diesem Grund sei es „wichtig, denjenigen, die sie nutzen wollen, die Möglichkeit einzuräumen.“
„Niemand ist gezwungen, sie zu nutzen. Aber es ist wichtig, auch die Biobauern zu unterstützen, die dies tun wollen“, sagte sie und betonte, dass diese Regelung „keine Auflage für irgendjemanden ist, sondern nur eine Möglichkeit.“
Ein weiterer Streitpunkt sind die Kennzeichnungsvorschriften, sowohl für Saatgut als auch für Lebensmittel.
In einer gemeinsamen Erklärung, die am Dienstag (5. Dezember) veröffentlicht wurde, forderte ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern eine obligatorische Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung „bis hin zum Verbraucher“. Sie betonten, dass alle Akteure der Lebensmittelkette volle Transparenz über NGT-Pflanzen und ihre Verwendung in den verschiedenen Schritten der Lebensmittel- und Futtermittelproduktion erhalten sollten.
Für Polfjärd wäre eine Kennzeichnung von Saatgut jedoch überflüssig, da sie zusätzliche und „diskriminierende“ Auflagen mit sich bringe. „Wenn die NGT-Pflanzen als konventionell angesehen werden sollen, sollten sie keine zusätzlichen regulatorischen Herausforderungen mit sich bringen, sondern den gleichen regulatorischen Weg gehen.“
Auf der Verbraucherseite der Lebensmittelkette ist die Berichterstatterin jedoch offen für „verbraucherfreundliche“ Möglichkeiten zur Kennzeichnung von genmanipulierten Lebensmitteln und schlägt die Verwendung eines QR-Codes vor, um die Verbraucher zu informieren.
Das richtige Gleichgewicht zwischen der Erhaltung des Verbrauchervertrauens und der Verwässerung des Vorschlags zu finden, wird „ein Thema für die Verhandlungen sein“, fügte sie hinzu.
Auf die Frage, ob die Kennzeichnung ein potenzielles Zugeständnis an die Kritiker des Vorschlags sei, antwortete die Berichterstatterin, sie sehe darin einen möglichen Punkt, „an dem die Diskussion enden wird“, aber es sei „zu früh im Verhandlungsprozess, um das zu sagen.“
Quelle : EURACTIV