Im Vorfeld der 73. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa hat WHO/Europa eine offene Konsultation mit Regierungsvertretern, der Zivilgesellschaft und der breiteren Öffentlichkeit zu einigen der zentralen Erkenntnisse aus einem bevorstehenden Bericht über die Versorgungsqualität und Patientensicherheit in der Europäischen Region abgehalten.
Die im Rahmen einer virtuellen Nebenveranstaltung zum Regionalkomitee am 11. September vom Büro der WHO für Versorgungsqualität und Patientensicherheit in Athen organisierte Konsultation bot Gelegenheit, Rückmeldungen zu einigen der zentralen Erkenntnisse aus dem Bericht zu sammeln, welcher der erste von WHO/Europa verfasste Bericht ist, der sich konkret mit dem Thema Versorgungsqualität befasst.
„Versorgungsqualität ist ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt, denn in der Medizin gilt der Grundsatz primum non nocere – zuerst einmal nicht schaden. In der Praxis bedeutet dies, sowohl zurück als auch nach vorn zu schauen – eine Feedbackschleife zu begründen, damit wir uns kontinuierlich verbessern können“, erklärte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, bei der Eröffnung der Veranstaltung.
Über den Bericht
Versorgungsqualität steht im Mittelpunkt der Leistungsfähigkeit eines Gesundheitssystems. Dies umfasst auch zu gewährleisten, dass Patienten in die Evaluation und Gestaltung hochwertiger Gesundheitsangebote eingebunden werden – ob in der primären Gesundheitsversorgung oder in Krankenhäusern. Aufgrund des vorherrschenden Mangels an Daten und Indikatoren in diesem Bereich sah sich WHO/Europa veranlasst, diesen neuen Bericht zu erstellen.
„Es ist an der Zeit, die Situation rund um die Themen Versorgungsqualität und Patientensicherheit in Europa zu erörtern. Über mehrere Monate haben wir eng mit Vertretern aus den Ländern, unserem engagierten Team und Experten zusammengearbeitet, um die Verfügbarkeit von Daten zu untersuchen“, erklärte Dr. João Breda, Leiter des Büros der WHO für Versorgungsqualität und Patientensicherheit in Athen. „Durch die gewissenhafte Sammlung und Analyse von Daten haben wir einen unserer Ansicht nach prägnanten und wichtigen Bericht zusammengestellt, der hoffentlich Praktikern und Politikern gleichermaßen zweckdienlich sein wird.“
Im Rahmen der Veranstaltung im September wurde der vorläufige Bericht vorgestellt, kombiniert mit Diskussionen unter den Teilnehmern über die Bedeutung der Versorgungsqualität und Patientensicherheit in der politischen Landschaft und der Darlegung von Indikatoren für die Messung wichtiger Aspekte von Qualität. Der Bericht beurteilt die Qualität anhand zentraler Dimensionen wie Zugang, Patientensicherheit, Effektivität, Chancengleichheit, Effizienz und Patientenorientierung.
Hervorhebung vorläufiger Erkenntnisse
Die ersten Erkenntnisse des Berichts zeigen, dass die meisten Länder sich auf Zugang, Effizienz und Chancengleichheit konzentrieren, während eine geringere Zahl auch die Patientenorientierung berücksichtigt. Im Gegensatz dazu fehlt es in nahezu der Hälfte der Länder, die an der Umfrage teilnahmen, an Daten zur Effektivität und Patientensicherheit.
„Es gibt keine ausreichenden Kenntnisse über die Erwartungen und Erfahrungen der Menschen, was sie über die Versorgungsqualität in bestimmten Gesundheitssystemen denken und wie sie diesen Aspekt erfahren. Es gibt nur beschränkte Daten zum Status der Versorgungsqualität in der Europäischen Region insgesamt“, erklärte Dr. Suzanne Carai, Beraterin bei WHO/Europa und eine der Ko-Autoren des Berichts.
Der Bericht zeichnet ein gemischtes Bild, mit gemeinsamen Trends zu einem fehlenden Verständnis für die Erwartungen der Menschen an die Gesundheitsversorgung und einem Mangel an umfassenden Daten zur Qualität der Gesundheitsversorgung.
Zu den zentralen Erkenntnissen des Berichts zählen:
- Fortschritte bei der Patientenorientierung und Gerechtigkeit in der Gesundheitsversorgung;
- unzureichende Daten zu Patientensicherheit und Effizienz;
- über die Hälfte der Länder in der Region verfügen entweder bereits über nationale Pläne zur Verbesserung der Versorgungsqualität und Patientensicherheit in Krankenhäusern oder arbeiten auf entsprechende Pläne hin;
- über 90 % der Länder planen die Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen; und
- weniger Fokus auf eine Verhinderung von Fehlinformationen im Gesundheitsbereich.
Die nächsten Schritte
Der Bericht, der vor Ende des Jahres fertiggestellt werden soll, enthält klare Orientierungshilfe dazu, wie Regierungen hochwertige Gesundheitssysteme schaffen können. Die Priorisierung der Versorgungsqualität muss erneut eine zentrale Position auf der politischen Tagesordnung einnehmen, unter aktiver Einbeziehung der Öffentlichkeit, um so die wichtigsten Aspekte von Qualität messen zu können. Um dies zu unterstützen, hat WHO/Europa die Umfrage „Die Stimme der Bürger“ gestartet, ein innovatives Projekt, das gegenwärtig in Griechenland läuft und eine aktive Beteiligung von Mitgliedern der Öffentlichkeit sowie die Überwachung ihrer Perspektiven ermöglicht, was wiederum zur Schaffung einer kollaborativen Umgebung beiträgt.
In Zukunft sollten die Länder nationale Pläne für die Versorgungsqualität entwickeln und umsetzen. Diese Pläne können jedoch nur wirksam sein, wenn die Regierungen ihre Systeme auf die primäre Gesundheitsversorgung und die Kooperation zwischen den unterschiedlichen Komponenten des Gesundheitssystems hin ausrichten – ein entscheidendes Element für den Aufbau hochwertiger Gesundheitssysteme. In Zukunft wird die Überprüfung und Anwendung digitaler Gesundheitslösungen und der Austausch über entsprechende Lösungen entscheidend sein für die Verbesserung der Versorgungsqualität in der gesamten Region.
Quelle : WHO