EU-Mitgliedstaaten Setzen Weiterhin Auf Grüne Technologien Aus China

Europa will bei grünen Technologien führend werden. Trotzdem einigten sich die EU-Staaten darauf, chinesische Produkte weiterhin für Förderprogramme für erneuerbare Energien zuzulassen. Denn ein Ausschluss könnte die Energiewende deutlich verlangsamen.

Die für Industriepolitik zuständigen EU-Minister trafen sich am Donnerstag in Brüssel, um sich auf eine gemeinsame Position zum Net-Zero Industry Act (NZIA) zu einigen. Der NZIA soll die europäische Produktion von grünen Technologien wie Solarmodulen, Wärmepumpen und Windturbinen ankurbeln.

Das Gesetz zielt auch darauf ab, die Abhängigkeit von China zu verringern, das bei einigen der Schlüsseltechnologien für den grünen Wandel, wie der Produktion von Solarmodulen, große Teile des Marktes beherrscht.

Während das Europäische Parlament in seiner Stellungnahme zu dem Gesetz einen weitgehenden Ausschluss chinesischer Produkte von den Förderprogrammen für erneuerbare Energien gefordert hatte, entschieden sich die nationalen Minister für einen deutlich zurückhaltenderen Ansatz.

„Was macht das Net-Zero Industry Act? Er erleichtert und unterstützt die wirtschaftlichen Dimensionen des [grünen] Wandels“, sagte Kerstin Jorna, Generaldirektorin für Binnenmarkt und Industrie bei der Europäischen Kommission, gegenüber Journalisten.

Das Gesetz würde auch darauf abzielen, „unser öffentliches Beschaffungswesen und staatliche Mittel strategischer zu nutzen, auch durch Auktionen, wenn es um die Beschaffung sauberer Technologien geht“, fügte sie hinzu.

Bei der Förderung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien verwenden die EU-Mitgliedstaaten für die meisten Projekte Auktionen, was bedeutet, dass in der Regel die kostengünstigsten Projekte gefördert werden. Mit der Umsetzung des NZIA wären die Mitgliedstaaten jedoch verpflichtet, in bestimmten Fällen auch andere Kriterien, als den Preis heranzuziehen, wie beispielsweise den Ursprungsort der verwendeten Produkte.

In der Praxis würde der Standpunkt des Rates dazu führen, dass „mindestens“ 20 Prozent der Auktionen für erneuerbare Energien durch sogenannte „Resilienzkriterien“ abgedeckt werden. Das bedeutet, dass Subventionen für kostspieligere Projekte gewährt werden könnten, wenn sie Produkte verwenden, die in einem anderen Land als China hergestellt wurden.

Anders als im Standpunkt des Parlaments würde es jedoch in den meisten Fällen keine Beschränkung für die Verwendung chinesischer Produkte geben, da die Mitgliedstaaten bei der Organisation von Auktionen nicht vorschreiben müssen, dass keine chinesischen Produkte verwendet werden dürfen.

Die Anwendung solcher Kriterien in nur 20 Prozent der Auktionen statt in allen, wie ursprünglich von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, begrüßte Deutschland, das befürchtete, dass der Ausschluss chinesischer Produkte den Ausbau der erneuerbaren Energien gefährden könnte.

„Wir brauchen den Zugang zu erneuerbaren Technologien, die derzeit vor allem in China produziert werden, insbesondere im Bereich der Photovoltaik“, sagte Staatssekretär Sven Giegold im Vorfeld des Treffens vor Journalisten.

„Wir können und wollen den europäischen Markt also nicht abschotten“, fügte er hinzu.

Frankreich hingegen hatte auf viel strengere, sogenannte „Buy European“-Kriterien gehofft, die die staatliche Förderung auf europäische Produkte beschränken würden.

Als Zugeständnis an Frankreich wird der Anteil der Auktionen, die unter die Resilienzkriterien fallen, im Laufe der Zeit steigen. Der konkrete Prozentsatz wird jedoch durch einen „Durchführungsrechtsakt“ der Europäischen Kommission festgelegt.

„Frankreich hat seine Unterstützung für den Net-Zero Industry Act zum Ausdruck gebracht und einen Erwägungsgrund vorgeschlagen, der in die endgültige Fassung des Abkommens aufgenommen werden soll, um die Anwendung von nicht-preislichen Kriterien auf Energieauktionen schrittweise voranzutreiben“, sagte der spanische Industrieminister Jordi Hereu Boher, der das Treffen leitete, vor Journalisten.

Solarindustrie ist erleichtert


Für die europäische Solarindustrie, die stark von chinesischen Solarmodulen abhängig ist, ist die zwischen den Mitgliedsstaaten vereinbarte Position eine Erleichterung.

„Der Rat fügt den Vorschlägen zu öffentlichen Auktionen und Beschaffung den dringend benötigten Realitätsbezug und die Verhältnismäßigkeit hinzu“, sagte Dries Acke, Leiter der Abteilung für Politik bei SolarPower Europe, in einer Erklärung.

„Dies ist ein besserer Ansatz als der ursprüngliche Vorschlag der Kommission, der die sofortige Anwendung von nicht-preislichen Kriterien auf alle öffentlichen Auktionen vorschlug. Das Europäische Parlament ging sogar noch einen Schritt weiter und schlug eine resilienzbasierte Präqualifikation vor“, fügte er hinzu.

Während der Sitzung lobten viele Minister die „Ausgeglichenheit“ des Standpunkts, der einerseits die europäische Produktion grüner Technologien ankurbelt und Abhängigkeiten reduziert, andererseits aber die Kosten der Energiewende nicht durch den Ausschluss preiswerter chinesischer Produkte erhöht.

Wie viel sollte „Resilienz“ kosten?


Die Vereinbarung erlaubt es den Mitgliedstaaten, die vorgeschlagenen „Resilienz“-Kriterien zu ignorieren, wenn diese zu einem Preisanstieg von mehr als 15 Prozent führen würden, was als „unverhältnismäßig“ eingestuft wird.

Bei Solarmodulen ist es daher unwahrscheinlich, dass chinesische Produkte ausgeschlossen werden, da die Produktionskosten in China 35 Prozent niedriger sind als in Europa und 20 Prozent niedriger als in den USA, wie aus einem Bericht der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission hervorgeht.

Die Minister haben sich auch auf eine Ausnahmeregelung für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien mit einer Leistungsstärke von weniger als zehn Megawatt geeinigt.

„Es ist besonders wichtig, sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten die Nachhaltigkeits- und Resilienzkriterien berücksichtigen, aber sie auch außer Acht lassen können, wenn die Kosten unverhältnismäßig hoch sind“, sagte die polnische Staatssekretärin Kamila Król während des Treffens.

Polen werde sich dafür einsetzen, dass „ein möglichst kleiner Anteil“ der Auktionen unter die neuen Kriterien falle, da es „keine wesentlich höheren Preise, zum Beispiel für Photovoltaik-Paneele, akzeptieren [werde]“, fügte sie hinzu.

Der Rat und das Parlament müssen sich in den sogenannten Trilog-Verhandlungen, die nächste Woche in Straßburg beginnen, noch auf die endgültige Fassung des Textes einigen.

„Wir hoffen, dass wir so schnell wie möglich zu einer Einigung kommen, denn wir haben keine Zeit zu warten“, sagte Generaldirektorin der Kommission, Jorna.

Quelle : EURACTIV

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