EU-Außenbeauftragter sagt Ukraine weitere Hilfe zu

Mit einer neuen Allianz internationaler Rüstungskonzerne will die Ukraine zu einem weltweit führenden Waffenproduzenten werden. Derweil sichert der EU-Außenbeauftragte Borrell dem Land Hilfe zu. Der Überblick.

      Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat bei einem Besuch in der Ukraine dem Land Unterstützung für den Kampf gegen Russlands Angriffskrieg und Hilfe für einen EU-Beitritt zugesichert. Die Ukraine brauche intakte Sicherheitsstrukturen für einen Beitritt zur Europäischen Union, sagte Borrell am Samstag in der ukrainischen Hafenstadt Odessa. Derweil forderte US-Präsident Joe Biden nach der Abstimmung im US-Kongress über die Abwendung eines Stillstands der Regierungsgeschäfte schnell weitere Unterstützung für die Ukraine. Die US-Unterstützung für das Land dürfe nicht unterbrochen werden.

      Borrell besichtigte in Odessa die für die Welternährung wichtigen Anlagen zum Export von Getreide über das Schwarze Meer. Borrell warf Kremlchef Wladimir Putin vor, mit der Blockade und der Bombardierung der Häfen das ukrainische Getreide vom Weltmarkt fernzuhalten und Hunger als Waffe zu nutzen. Borrell sprach vor einem schwer beschädigten Hafengebäude von einer „barbarischen Zerstörung“. Es müsse alles getan werden dafür, dass das Getreide weiter auf den Weltmarkt komme, betonte er. Dafür schaffe die EU alternative „Solidaritätsrouten“, über die bisher mehr als 50 Millionen Getreide und Lebensmittel das Land verlassen hätten.

      Borrell verurteilte einmal mehr die Annexion der vier ukrainischen Regionen Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk, während Russland den ersten Jahrestag der Aufnahme der Gebiete in sein Staatsgebiet feierte. „Wir als Europäische Union unterstützen die Ukraine in ihrem Kampf um die Wiederherstellung ihrer territorialen Integrität“, sagte Borrell.

      Zu dem weiteren Programm der aus Sicherheitsgründen nicht vorab angekündigten Reise Borrells gab es zunächst keine Angaben. Vor knapp zwei Wochen hatte der Spanier angekündigt, dass er eine Zusammenkunft der Außenminister der 27 EU-Staaten in Kiew organisieren werde. Für die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock wäre der Termin der zweite in der ukrainischen Hauptstadt innerhalb weniger Wochen. Die Grünen-Politikerin hatte erst am 11. September Kiew besucht.

      Als ein Thema für das geplante EU-Treffen nannte Borrell seinen Vorschlag, der Ukraine längerfristige Finanzierungszusagen für Militärhilfen zu machen und mit EU-Geld auch die Lieferung moderner Kampfjets und Raketen zu unterstützen. So will er von 2024 bis Ende 2027 jährlich fünf Milliarden Euro mobilisieren. Zudem dürfte es zumindest am Rande um die EU-Beitrittsperspektive für die Ukraine gehen.

      Selenskyj: Allianz der internationalen Rüstungsindustrie gegründet

      In der ukrainischen Hauptstadt Kiew kamen derweil bei einem internationalen Rüstungsforum 252 Unternehmen aus mehr als 30 Ländern zusammen. Der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj verkündete dabei die Gründung einer Allianz der Verteidigungsindustrie, der sich 38 Unternehmen aus 19 Ländern, darunter auch Deutschland, angeschlossen hätten. In seiner abendlichen Videobotschaft sprach er von einem sehr erfolgreichen Treffen, das helfen solle, das Land zu einem weltweit führenden Waffenproduzenten zu machen.

      Priorität habe die Entwicklung einer modernen Verteidigungsindustrie in der Ukraine, sagte Selenskyj. Hergestellt werden sollen demnach in Zusammenarbeit mit führenden Unternehmen etwa Raketen, Drohnen und Artilleriegeschosse, aber auch Panzertechnik und effektive Flugabwehrsysteme, sagte er. Die Mitglieder der Allianz sollten gemeinsam mit der Ukraine ein Arsenal aufbauen.

      Biden: US-Unterstützung für Ukraine darf nicht unterbrochen werden

      US-Präsident Biden forderte nach der Abstimmung im US-Kongress über die Abwendung eines Stillstands der Regierungsgeschäfte schnell weitere Unterstützung für die Ukraine. Die Einigung sei zwar „eine gute Nachricht“ für die Menschen im Land, teilte der Demokrat am Samstagabend (Ortszeit) mit. „Wir können unter keinen Umständen zulassen, dass die amerikanische Unterstützung für die Ukraine unterbrochen wird“, mahnte er. Der Kongress hatte zuvor einen Übergangshaushalt bis Mitte November verabschiedet und so einen sogenannten Shutdown abgewendet.

      Biden musste das Gesetz noch unterzeichnen. Die Einigung enthält allerdings keine weitere Unterstützung für die Ukraine. Die Spitzen der Demokraten und Republikaner kündigten im Zuge der Abstimmung an, dafür zu sorgen, dass so schnell wie möglich über zusätzliche Unterstützung für das angegriffene Land abgestimmt werden soll.

      Ein Jahr Annexion: Putin sichert Regionen Wiederaufbau zu

      Russland machte indes deutlich, von seinen Kriegszielen nicht abzulassen. Der Vizechef des russischen nationalen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, teilte bei Telegram zum Jahrestag der Annexion der vier Gebiete mit, dass Russland weitere Regionen in der Ukraine einnehmen wolle. Der Krieg werde weitergehen bis zur „vollen Vernichtung des nazistischen Kiewer Regimes“, sagte der Ex-Präsident.

      Zuvor hatte Kremlchef Putin einen Wiederaufbau der vom Krieg zerstörten Regionen zugesichert. Es würden „Schulen, Krankenhäuser, Wohngebäude und Straßen, Museen und Denkmäler“ wieder aufgebaut und neu errichtet, sagte Putin in einer am Samstag vom Kreml veröffentlichten Videobotschaft.

      Putin hatte unter Bruch des Völkerrechts und nach international nicht anerkannten Referenden mit den Besatzungschefs der vier Regionen am 30. September 2022 Verträge über die Aufnahme in die Russische Föderation unterschrieben. Auch nach mehr als anderthalb Jahren Krieg kontrolliert Russland keine der vier annektierten Regionen komplett.

      Quelle : faz

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