Lindner bleibt hart – ein Aufweichen der Schuldenbremse werde es mit ihm nicht geben, sagte der Finanzminister im Bericht aus Berlin. Die Ministerien müssten einige ihrer Ausgabenwünsche streichen. Dafür brauche es kein Machtwort des Kanzlers.
Bundesfinanzminister Christian Lindner hat die Reißleine gezogen – ursprünglich sollten am kommenden Mittwoch die Eckwerte für den Haushalt 2024 verabschiedet werden, doch die Abstimmung im Kabinett ist auf unbestimmte Zeit verschoben. “Wir sind in einer schwierigen Lage”, sagte Lindner im Bericht aus Berlin und versprach: “Ich werde jetzt das Problem lösen.”
Innerhalb des Bundeskabinetts wird über den Etat gestritten. Die Minister der rot-grün-gelben Regierung hatten Ausgabenwünsche angemeldet, die rund 70 Milliarden Euro über dem bisher vereinbarten Finanzplan lagen. Doch der FDP-Politiker stellt sich quer. Er warnt vor der stark steigenden Zinslast des Bundes und pocht auf der Einhaltung der Schuldenbremse. “Das sind wir der jüngeren Generation schuldig.”
“Der Staat hat kein Einnahmeproblem”
Doch wie kann die Haushaltsblockade gelöst werden? Höhere Steuern seien keine Option, betonte der FDP-Politiker. “Dafür hätte ich kein Mandat”, so Lindner. Der Staat habe kein Einnahmeproblem. “Wir haben ein massives Ausgabeproblem.”
Als Finanzminister habe er von der damaligen Großen Koalition ein strukturelles Haushaltsdefizit übernommen – zum Teil ausgelöst durch die Corona- und die Energie-Krise. Aber auch durch immer neue Leistungen und Standards, die über Jahre gewährt worden seien. Dadurch sei der Appetit auf Mehrausgaben gewachsen. “Das ist jetzt eine Lernerfahrung für die deutsche Politik”, so Lindner, sich an die Schuldenbremse zu halten.
Die Schuldenbremse ist im Grundgesetz verankert. Sie schreibt dem Bund eine strenge Kreditobergrenze vor, die nur in Notlagen ausgesetzt werden darf – das war etwa in der Pandemie der Fall.
Lindner fordert “realistischen Etatentwurf”
Lindner hatte sich zuvor auch in einem Interview mit der “Welt am Sonntag” geäußert. Dort forderte er, dass die Ministerien konkrete Sparvorschläge vorlegen sollten. “Ich werde erst dann ins Kabinett gehen, wenn ich einen realistischen Etatentwurf habe.”
Im Bericht aus Berlin darauf angesprochen, wo seiner Meinung nach Ansprüche herunter geschraubt werden könnten, reagierte Lindner ausweichend. Er deutete lediglich an, dass er die Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck für ein Verbot von Öl- und Gasheizungen nicht unterstütze. “Das ist sozial und wirtschaftlich nicht zu verantworten”, betonte der Finanzminister.
Union und SPD wollen zügige Einigung
Die Opposition reagierte genervt auf den Stillstand in der Haushaltsfrage. “Vor allem SPD und Grüne haben den Ernst der Lage, die grundlegend veränderte Situation durch Zeitenwende und anhaltende Inflation, nicht verstanden”, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Mathias Middelberg der “Welt am Sonntag” und verlangte eine zügige Einigung.
Auch SPD-Chef Lars Klingbeil sprach sich für eine schnelle Lösung aus. Politischer Streit gehöre dazu, “aber manche dieser Streits dauern mir zu lang”, sagte er bei einer SPD-Konferenz in Dortmund. Zugleich warnte er davor, die Ausgaben für Soziales und Verteidigung gegeneinander aufzurechnen.
Grüne und Linke sehen noch Spielraum
Während Finanzminister Lindner das Problem auf der Ausgaben- und nicht auf der Einnahmenseite sieht, halten Grüne und Linke die Möglichkeit für weitere Erträge noch nicht ausgeschöpft.
Es gebe “massive Einnahmeprobleme durch die Nichterhebung einer Vermögensabgabe für Superreiche, massivste Erbschaftsteuergeschenke oder den Verzicht auf eine Umsatzsteuer bei Börsenprodukten”, erklärte der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion, Christian Görke. Allein diese drei Maßnahmen würden Einnahmenverbesserungen von nahezu 48 Milliarden Euro pro Jahr bedeuten, betonte Görke.
Auch der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler sieht neue Spielräume im Bundeshaushalt. “Einige Entspannung dürfte die nächste Steuerschätzung geben”, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. “Die Entwicklung ist deutlich besser als erwartet.”
Kindler forderte zugleich den Abbau von klimaschädlichen Subventionen: “Gerade in Zeiten der Klimakrise würde der Abbau klimaschädlicher Subventionen eine doppelte Dividende bringen: Für den Haushalt und für unsere Lebensgrundlagen.”
Lindner: Werde intern Vorschläge zur Lösung vorlegen
Um aus der festgefahrenen Situation herauszukommen, fordert die oppositionelle Union laut der “Welt am Sonntag” ein Machtwort von höchster Ebene. “Kanzler Scholz muss jetzt umgehend eingreifen, um die Haushaltsblockade aufzulösen”, sagte der Chef der CSU-Landesgruppe, Alexander Dobrindt.
Doch Lindner widerspricht im Bericht aus Berlin: “Wir brauchen kein Machtwort des Kanzlers.” Er werde in Kürze Vorschläge zum weiteren Verfahren machen – intern und nicht über die Medien, so der Minister.
Source : Tages Schau